Der Korankommentar wurde 1760 von dem Missionar Johann Zacharias Kiernander (1710–1799) aus Kalkutta nach Halle gesandt. Er stammt vermutlich aus dem im Niedergang begriffenen Mogulreich, in dem Persisch die Sprache des Hochadels und der Literatur war und auch als Verkehrssprache benutzt wurde.
Orientalische Handschriften
Mehr als 100 orientalische Handschriften in hebräischer, syrischer, arabischer, persischer und osmanisch-türkischer Sprache aus dem 16. bis 18. Jahrhundert werden im Archiv der Franckeschen Stiftungen aufbewahrt. Sie gelangten im 18. Jahrhundert auf sehr unterschiedliche Weise in ihren Besitz. Bereits 1702 gründete August Hermann Francke (1663–1726) das Collegium Orientale Theologicum, das sich dem Studium und der Erlernung von orientalischen Sprachen widmete. Mit dem Ziel, das Christentum unter Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens zu verbreiten, entstand 1728 unter der Leitung von Johann Heinrich Callenberg (1694–1760) das Institutum Judaicum et Muhammedicum. Vor dem Hintergrund der Missionierung erarbeitete man dort Wörterbücher, Grammatiken und Gesprächsbücher sowie Übersetzungen christlicher Texte in orientalische Sprachen, deren Manuskripte zum größten Teil noch erhalten sind.
Beide Institute erhielten orientalische Handschriften als Geschenk. Sie gehörten zum Teil zu den in den Türkenkriegen erbeuteten Schriften, wurden aber auch von ehemaligen Schülern und Missionaren nach Halle gesandt. Diese Sammlung enthält u.a. Korane, Korankommentare, Gebetbücher, Werke zum islamischen Recht und zur islamischen Geschichte, zur Mystik, Logik und Poesie.
Neben ihrer filigranen Schrift beeindrucken orientalische Handschriften oft durch ihre erlesene Seitengestaltung. Vielfach ist der Schriftraum durch zarte Rahmen eingefasst. Auch Buchmalerei ist hier zu finden. Titelvignetten, ornamental geschmückte Baldachine, kennzeichnen den Beginn von Texten. Stempelverzierte Ledereinbände mit einem mandelförmigen Mittelornament auf dem Vorderdeckel, oft in Goldpressung, sind typisch für die islamische Buchkultur.
Sammelhandschrift [Koranverse, Gebete]. Osmanisches Reich, 1679. Arabisch, Türkisch
Die prachtvolle Gestaltung des Einbands und die Illumination einzelner Blätter, Überschriften und Titelfelder in den Farben Rot, Grün und Gelb deutet darauf hin, dass die Handschrift für einen wohlhabenden Muslim bestimmt war.
Tafsir-e Molla Machmud Sarberehne [Kommentar des Molla Machmud Sarberehne]. Iran, 1700. Arabisch, Persisch
Die überaus prachtvoll gestaltete Handschrift enthält die Suren 1 bis 114 des Korans in Arabisch mit einer persischen Interlinearversion sowie umfangreiche Randbemerkungen, die ebenfalls in Persisch verfasst sind. Alle Textfelder werden von in Gold gehaltenen Rahmen umschlossen. 48 Blätter sind zusätzlich mit einem leuchtenden Golddekor aus Blatt- und Blütenranken verziert.
Sammelhandschrift [Koranverse, Gebete]. Osmanisches Reich, 1609. Arabisch, Türkisch
Die Überschriften der Koransuren sind in dieser reich gestalteten Handschrift in weißer Schrift auf Goldgrund geschrieben. Die Gebetstexte werden durch goldene Felder voneinander abgegrenzt. Die beiden ersten Blätter beeindrucken durch ein Gold dominiertes Titelfeld und ein sternförmiges Ornament am rechten und linken Seitenrand. Die Klappe des Einbandes aus Maroquinleder ist zudem mit einem grün gefärbten textilen Leseband versehen.
Die Handschrift konnte 2024 durch eine Spende des Freundeskreises der Franckeschen Stiftungen restauriert werden.
Koran. Osmanisches Reich, 17. Jh. Arabisch
Die Wege, die diese Handschrift ging, sind nicht bekannt. Wahrscheinlich gehört sie zu den in den
Türkenkriegen erbeuteten Schriften, die im Laufe des 18. Jahrhunderts nach Halle in den Besitz der
Glauchaschen Anstalten gelangt sind.
Mustafa ibn Achmad ibn Abdulmaula Tschelebi: Künh ül-achbar [Substanz der Nachrichten]. Osmanisches Reich, 1674. Türkisch
Bei diesem viel beachteten Werk zur islamischen und osmanischen Geschichte handelt es sich um eine Art Fürstenspiegel. Die Handschrift beinhaltet die Geschichte der osmanischen Sultane von 1300 bis 1597. Der Einband aus dunkelbraunem Leder ist mit einem arabeskenartigen Mittelornament in Goldpressung und goldverzierten Rahmenlinien auf dem Vorder- und Hinterdeckel geschmückt.
Du'a' esma' en-nebi [Das Gebet der Namen der Propheten]. Osmanisches Reich, 16. oder 17. Jh. Türkisch
Der Gebetstext ist in Form zweier rechteckiger und zweier kreisförmiger Kolumnen geschrieben. Die kreisförmigen Textkolumnen werden durch einen mit einer Goldleiste verzierten roten Halbkreis umrahmt, der wie eine Mondsichel erscheint. Kartuschen mit zusätzlichen Inschriften begrenzen die Tafel.