Urkunden
Das Archiv der Franckeschen Stiftungen verwahrt 55 Urkunden vom beginnenden 17. bis zum 19. Jahrhundert. Diese umfassen insbesondere Lehnbriefe von preußischen Königen oder Grafen an leitende Mitarbeiter der Glauchaschen Anstalten, aber auch zahlreiche Privilegien. Neben dem prominenten Gründungsprivileg von 1698, ausgestellt vom Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg (ab 1701 König Friedrich I. in Preußen), betreffen diese vor allem die wirtschaftlichen Einrichtungen. Zu nennen sind etwa die Druckerei, die Buchhandlung, die Brauerei oder auch die Apotheke und Medikamenten-Expedition. Weitere Urkunden, welche keinen direkten Bezug zu den Stiftungen aufweisen, gelangten beispielsweise durch Nachlässe oder Schenkungen in den Bestand.
Der formelhafte Aufbau der Urkundentexte veränderte sich vom Mittelalter bis in die Neuzeit nur geringfügig. Wesentliche Bestandteile lassen sich selbst in heutigen Urkunden finden. Zunächst wird der Aussteller samt seiner Titulatur genannt (Intitulatio). Es folgt eine Nennung des Adressaten (Inscriptio) und die genaue Beschreibung des Rechtsinhalts (Dispositio). Geschlossen wird mit der Datierung und den Beglaubigungsmitteln (Unterschrift und Siegel).
Im Jahr 2018 konnten dank der Förderung der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) 48 der großformatigen Urkunden restauriert, gereinigt und in maßgefertigte Kartons verpackt werden.
Lehnbrief von König Friedrich II. von Preußen für Gottlieb Anastasius Freylinghausen. Magdeburg, 24.04.1778
Gottlieb Anastasius Freylinghausen (1719–1785, Direktor ab 1771) erhält für das Waisenhaus je eine Hufe Land in der Feldmark Giebichenstein und der Mark Böllberg als sogenanntes Erbzinslehen für einen jährlichen Betrag zur freien Nutzung. Die Ländereien wurden bereits zuvor von den Vorbesitzern an das Waisenhaus vermacht bzw. verkauft und durch diesen Lehnbrief offiziell übertragen. Lehnbriefe bilden den größten Anteil des Urkundenbestandes im Stiftungsarchiv und können umfängliche Einblicke in die Wirtschaftsgeschichte, Besitzverhältnisse oder auch politischen Beziehungen geben.
Privileg von Kurfürst Friedrich August III. von Sachsen zum Schutz der Medikamente des Waisenhauses. Dresden, 12.06.1769
In der sogenannten „Narratio“ (Ausführung des Anlasses) wird beschrieben, dass der Leiter der Medikamenten-Expedition des Waisenhauses David Samuel von Madai (1709–1780) Beschwerde beim Kurfürsten einlegte, da im Kurfürstentum Sachsen zahlreiche »Pfuschereien« und Nachahmungen der Waisenhaus-Arzneien im Umlauf seien. Mit dem Privileg stellt Friedrich August III. die Medikamente daraufhin unter besonderen Schutz und droht eine Bestrafung für sämtliche Fälschungen an. Als Ausgleich hat das Waisenhaus dafür jährlich 100 Reichstaler an die kurfürstliche Rentkammer zu zahlen.
Urkunde von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen zur Verleihung des Grafentitels an Albert von Sack. Berlin, 09.06.1821
Albert von Sack (1757–1829) diente nicht nur als Kammerherr am preußischen Hof, sondern erlangte durch seine umfangreichen Forschungsreisen durch Süd- und Nordamerika sowie dem Orient ein hohes Ansehen. 1821 wurden er und seine Familie mit dieser eindrucksvoll gestalteten Urkunde von König Friedrich Wilhelm III. in den Grafenstand erhoben. Neben dem roten Samteinband und der imposanten Siegelkapsel ist das detailliert gezeichnete Wappen hervorzuheben, das zusammen mit der Grafenwürde geführt werden durfte. Da Albert von Sack 1822 die Franckeschen Stiftungen als Universalerben einsetzte, gelangte diese Prachturkunde nach seinem Tod in deren Archiv.